Seien es spezielle Flachbandkabel für die Start- und Landebahn an Flughäfen, Kohlenfaserkabel zur Messung der Herzposition in Herzmessgeräten oder Heliaxkabel für 5G-Antennen oder -Router. Es gibt fast nichts, dass das Schleuniger TechSales-Team für seine Kundinnen und Kunden in Hinsicht auf die Bearbeitung von speziellen Kabeln oder das Ausführen von hochspezifischen Wünschen nicht tun kann. Die Zahlen belegen es: Von 200 bis 400 Anfragen, die das Team monatlich erreichen, führen jährlich lediglich zwischen 20 und 30 zu keinem positiven Ergebnis. Im Sinne einer individuellen Lösung, die es Kunden erlaubt, für die Verarbeitung von herausfordernden Kabeln eine Schleuniger Cut-&-Strip-Standardmaschine zu nutzen, welche kleinere Modifikationen an Messern, Führungen oder Software-Tools erfahren hat. Ganz egal, aus welcher Industrie die Kundenanfrage kommt, die Adaptionsmöglichkeiten sind riesig. Wenn man die geforderte Kreativität und Erfahrung mitbringt. So wie Beat Jaussi, der seit 2010 Teil des TechSales-Teams ist und die Schleuniger-Maschinen und Lösungen bestens kennt. Im Interview erzählt er, mit welchen Anfragen er und das Team konfrontiert werden, nennt Beispiele von erfolgreich umgesetzten Kundenwünschen und erklärt, warum es nur wenige Wochen dauert, bis Kundinnen und Kunden zufriedengestellt werden können.

Beat Jaussi, Sie und das Team der Schleuniger-TechSales-Abteilung erhalten jährlich zwischen 2500 und 4800 Kundenanfragen in Hinsicht auf das Bearbeiten von speziellen Kabeln. Um was für Anfragen handelt es sich?
Da kommen zahlreiche Anfragen aus den verschiedensten Bereichen zusammen. Im Grundsatz ist Schleuniger ein Unternehmen, welches Maschinen entwickelt, um Kabel zu verarbeiten. Das ist unsere Kernkompetenz. Unser Ziel ist es, für jede Anforderung oder jedes Kabel die passende Lösung bereitstellen zu können, damit Kundinnen und Kunden ihre Kabel nach Wünschen und Bedürfnissen verarbeiten können. Diese Kabel können jedoch in Hinsicht auf Grösse, Form und Aufbau sehr unterschiedlich sein, weshalb die Schleuniger-Standardlösungen nicht alle möglichen Szenarien berücksichtigen können. Ein Mikrokoaxialkabel zum Beispiel kann nicht auf dieselbe Weise verarbeitet werden wie ein Power-Elektronik-Solarkabel. Je nachdem, ob ein Kabel Kupfer, Aluminimum, Glas, Kevlar oder Stahl enthält, bedarf dessen Verarbeitung unterschiedliche Lösungsansätze. Es kommt auch vor, dass Kunden mit Wünschen zu uns kommen, die absolut nichts mit der Kabelverarbeitung zu tun haben. Ich erinnere mich an einen Kunden, der ein Fugenband für Fensterdichtungen auf eine gewisse Länge schneiden wollte oder ein Fahrradhersteller dessen Bedürfnis es war, Stahl-Bremskabel zuzuschneiden und abzuisolieren.

All solche Anfragen kommen in unsere Abteilung. Im Idealfall handelt es sich dabei nur um die «Knacknüsse», für welche es keine Standardlösung gibt. In den allermeisten Fällen können wir eine Lösung bieten, es kommt aber auch vor, dass Kundenwünsche nicht realistisch sind und wir keine oder lediglich eine Teillösung bieten können. Das ist aber eher selten.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie eine neue Kundenanfrage erhalten?
Basierend auf unserer Erfahrung können wir meistens sehr schnell abschätzen, in welche Richtung es geht und welche Maschine mit welchem Equipment sich für den Wunsch unseres Kunden eignen würde. Von zehn Mustern die wir erhalten, können wir bei neun eine Beurteilung am Schreibtisch machen. Sind wir uns nicht ganz sicher, führen wir Tests auf unseren Testmaschinen durch und schauen, was möglich ist. Wenn die Applikationen etwas komplexer sind – zum Beispiel wenn mehrere Arbeitsschritte mit Schneiden, Trennen, Kürzen und Abisolieren eines Kabels benötigt werden –, setzen wir uns hin und schauen, wie viele Programmierschritte und Messer benötigt werden, um das Kabel gemäss den Vorgaben und Zeichnungen des Kunden zu programmieren (siehe Bildgalerie). Dürfen wir den Auftrag ausführen, lassen wir in der Regel spezielle Messer anfertigen und testen die Applikation im Detail bei uns vor Ort.

Ihre Arbeitsstelle ist alles andere als monoton und langweilig.
Das stimmt. Für das Eruieren von neuen und innovativen Lösungen sind Kreativität aber auch eine gewisse Leidenschaft und Begeisterung für die Materie erforderlich. Gerade das begeistert mich an meinem Job. Man wird tagtäglich herausgefordert, muss stets über den Tellerrand hinausblicken und extrem flexibel in der Lösungsfindung sein. Ich kann mich an einen Fall erinnern, bei dem wir Kabel kurzzeitig in die Gefriertruhe legen mussten, um deren präzise und korrekte Verarbeitung sicherstellen zu können. Dies weil sich das Kabel aufgrund seiner extrem hohen Flexibilität nicht transportieren liess und nur die Kühlung auf Minustemperaturen das gewünschte Resultat erbrachte. Auf eine solche Lösung muss man zuerst kommen und das geht nur mit viel Erfahrung und Kreativität.

Können Sie konkrete Beispiele von umgesetzten Lösungen nennen?
Klar. Manchmal ist die Lösung sehr einfach, wie im Fall eines Multifunktionskabels mit integrierten Kühlleitungen, welches aufgrund seines Eigengewichtes auf der Spule in eine ovale Form gedrückt wurde (siehe Bildgalerie). Dadurch war es mit herkömmlichen Messern unmöglich, die Isolation so einzuschneiden, dass der Aussenmantel abgezogen werden konnte, ohne dabei die Innenleiter zu berühren und im schlimmsten Fall sogar zu verletzen. Wir konnten dieses Problem lösen, indem wir Messer mit «Schultern» anfertigen liessen. Bei diesen Messern wurde die Schulter an den Aussenmantel des Kabels angepasst. Sie presst das Kabel also wieder in seine herkömmliche, runde Form zurück und ermöglicht so ein präzises Einschneiden der Isolation und danach ein simples Abziehen des Aussenmantels.

Ein Beispiel einer anspruchsvolleren Anfrage war ein Flachbandkabel, welches auf Start- und Landepisten an Flughäfen verwendet werden sollte und alle 30 Millimeter ein Fenster benötigte, damit Sensoren eingebaut werden können. Diese haben die Aufgabe zu messen, ob sich irgendwo auf der Piste Wasser angesammelt hat und sie gesäubert werden muss. Dafür haben wir ein Software-Tool entwickelt, bei welchem lediglich der Start und die Anzahl an Wiederholungen von Fenstern eingegeben werden muss. Ohne unsere Lösung hätte der Kunde jedes Fenster einzeln über alle Kilometer an Start- und Landebahnen manuell programmieren müssen, was für ihn ein kaum zu bewältigender Aufwand bedeutet hätte. Dank unserem Software-Tool beschränkt sich sein Programmieraufwand auf zirka 10 Minuten pro Kabel (siehe Bildgalerie).

Welches ist die speziellste Anfrage, die Sie je für eine Kundin oder einen Kunden umsetzten konnten?
Ich würde sagen das war die Herstellung von Granulat zum Trowalisieren, also zum Gleitschleifen von Zifferblättern in Luxusuhren. Ein Schweizer Hersteller von Luxusuhren hatte uns gefragt, ob es möglich sei, Kupferdrähte in einem bestimmten Winkel auf eine bestimmte Länge zu schneiden. Wir konnten dem Kunden helfen, indem wir kleine Adapter für die Messeraufnahme mit dem vorgegeben Winkel konstruiert haben. Dank diesen Spezialadaptern kann der Kunde auf unserem kleinsten Vollautomaten das Granulat in seinem Werk selbst herstellen (siehe Bildgalerie).

Wie lange dauert es, bis Kundinnen und Kunden mit einer, speziell für sie konfigurierten Standardmaschine das gewünschte Kabel oder Endprodukt produzieren können?
Viele Kunden und manchmal sogar unsere weltweiten Vertretungen erschrecken, wenn von Projekten oder Applikationen gesprochen wird. Dies weil sie annehmen, dass es sich dabei um aufwendige Abklärungen inklusive Machbarkeitsstudien und Pflichtenheften handelt und das Ganze mit langen Wartezeiten und Kosten verbunden ist. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall. Die Kabelbemusterung, die das Schleuniger TechSales-Team anbietet, ist kostenlos und unsere Kundschaft kann in den meisten Fällen innerhalb von vier bis acht Wochen mit der Produktion ihrer Spezialapplikation beginnen. Dies weil in unserem Bereich Standardmaschinen zum Einsatz kommen und lediglich Anpassungen in Hinsicht auf Messer und Führungen anstehen. Wir können also auch herausfordernde Anfragen zeitnah umsetzen.

Wie sollen Kundinnen und Kunden vorgehen, wenn sie spezielle Bedürfnisse haben und sich an das TechSales-Team wenden?Normalerweise wenden sich unsere Kunden zuerst an unseren Vertrieb in ihrem Land, wo die Anfrage angeschaut und abgeklärt wird, ob es sich um eine Standard-Anfrage handelt oder ob unsere Unterstützung benötigt wird. In 80 Prozent der Fälle können unsere Kolleginnen und Kollegen bereits eine passende Lösung offerieren. Ist dies nicht der Fall, erhalten wir entweder direkt vom Kunden oder unseren Vertrieb die Anforderungen und Zeichnungen des gewünschten Kabels oder Endproduktes. Es ist also wichtig uns zu kontaktieren, auch wenn auf Anhieb kein Lösungsansatz ersichtlich ist. Sucht ein Kunde zum Beispiel lediglich auf den Datenblättern unserer Standardmaschinen oder der Website nach einer Lösung für die Verarbeitung eines speziellen oder herausfordernden Kabels, sieht er oder sie nur ein Bruchteil der Möglichkeiten, die wir tatsächlich bieten können.